Im englischen Original von Thomas Lohninger (EDRi member epicenter.works), Übersetzung von Lutz Martiny
Das EDRi-Mitglied epicenter.works fordert zusammen mit 20 NGOs die österreichische Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union auf, Maßnahmen zu ergreifen, um den Abschluss der Reform des Datenschutzes im Internet zu gewährleisten. Die Gruppe, die die größten zivilgesellschaftlichen Organisationen Österreichs wie Amnesty International und zwei Gewerkschaften umfasst, fordert in einem offenen Brief vom 6. November 2018 ein Ende der scheinbar endlosen Verhandlungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten.
Es ist heute 666 Tage her, seit die Europäische Kommission ihren Vorschlag vorgelegt hat. Die e-Datenschutzregelung (e-Privacy) ist ein wesentlicher Aspekt für die Zukunft der digitalen Strategie Europas und eine Notwendigkeit für den Schutz moderner Demokratien vor allgegenwärtigen Überwachungsnetzen. Die Organisationen schließen sich den berechtigten Forderungen der europäischen Bürger nach dem Schutz ihrer Online-Datenschutzrechte an und bitten den österreichischen Ratsvorsitz, mit dem Abschluss des Dossiers e-Privacy bis 2019 den Weg in eine neue Datenschutzperiode zu weisen.
Das Schreiben kommt in einem Kontext, in dem eine parlamentarische Untersuchung der österreichischen Sozialdemokratischen Partei versucht, die Lobbyverbindungen der österreichischen Regierung zur Behinderung der sicheren Kommunikation für ihre Bürger aufzuzeigen. Die Position der österreichischen Regierung ist derzeit eng mit den Interessen von Internet-Giganten wie Facebook und Google, großen Telekommunikationsunternehmen und der Werbewirtschaft verknüpft.
Die österreichische Regierung hat kürzlich die Verhandlungen über den umstrittenen E-Evidence-Vorschlag beschleunigt, der die Rechtsstaatlichkeit schwächen und die weitere Überwachung des Online-Verhaltens der Bürger fördern würde. Dies steht in krassem Gegensatz zu den kargen Bemühungen der österreichischen Vertreter, über Legislativvorschläge zum Schutz des Grundrechts auf Privatsphäre zu verhandeln – ein Thema, das auf der Agenda der österreichischen Ratspräsidentschaft fehlt.
Um sicherzustellen, dass die e-Privacy-Gesetze nicht als Entschuldigung für die Einführung neuer repressiver Instrumente dienen, fordert epicenter.works ein klares Bekenntnis zum Verbot der Datenspeicherung. Die Datenspeicherung wurde in verschiedenen europäischen Ländern als verfassungswidrig befunden, während epicenter.works im Rahmen des Verfahrens des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Aufhebung der Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie im Jahr 2014 Kläger war. Eine Umgehung des Verbots des EuGH durch die e-Privacy-Verordnung könnte die EU-Bürger einer willkürlichen Massenüberwachung aussetzen und das Vertrauen in die EU-Institutionen erheblich untergraben.
- Offener Brief an die österreichische Regierung (06.11.2018)
- Parlamentarische Anfrage der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (29.10.2018)
- Rat setzt Limbo-Tanz mit den ePrivacy-Standards fort (24.10.2018)
- ePrivacy: Öffentlicher Nutzen oder private Überwachung? (24.10.2018)
- EuGH: Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie verstößt gegen europäisches Recht (09.04.2014)
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